Samstag, 23. Februar 2008

Dritter Bericht aus Ecuador...

¡Buenas Dias a Todos!

In der Hoffnung, dass es euch allen gut geht, sende ich euch herzliche Gruesse aus Ecuador. Mittlerweile ist so viel Zeit vergangen und ich bin wieder einmal nicht mitgekommen, euch von allen Neuigkeiten und Erlebnissen zu berichten.

Nichtsdestotrotz geht es mir hier weiterhin gut, auch wenn sich zur Zeit etwas Heimweh bemerkbar macht. Allerdings bin ich sicher, dass das bald vorbei geht. Es ist ja schliesslich schon die erste Halbzeit meines FSJ vorbei und ich will auch von den verbleibenden Monaten noch profitieren!

In diesem dritten Bericht werde ich versuchen, alle Geschehnisse im Dezember zusammenzufassen. Und im naechsten Bericht, den ich hoffentlich in den nächsten Wochen fertigstellen kann, beginnt dann das Jahr 2008...



„Fiestas de Quito“ – Festliche Stimmung in der ganzen Stadt...

Anfang Dezember hat die Stadt Quito ihre Gruendung wie jedes Jahr ausgiebig gefeiert. Am Anfang der Festlichkeiten, die sich auf etwas mehr als eine Woche erstreckt haben, standen einige Strassenumzuege oder auch „desfiles“ genannt.Ich war mit meiner Gastmutter und meinen beiden Gastgeschwistern im Sueden von Quito, um mir einen dieser Umzuege anzuschauen. Zahlreiche Leute hatten die gleiche Idee und so draengelte sich eine Masse von Leuten auf beiden Seiten der Route...

Der Umzug bestand hauptsaechlich aus Praesentationen von Schulen, deren Schueler verkleidet waren und hauptsaechlich Taenze aufgefuehrt haben. Ausserdem gab es viele verkleidete Stelzenlaeufer und Clowns, die sich ihre Scherze mit dem Publikum erlaubt haben. Auch einige Militaerkappellen spielten ihre Marschmusik.
Bei keinem groesseren Anlass hier in Ecuador duerfen die Schoenheitskoeniginnen fehlen. Es gibt dermassen viele, das man leicht den Ueberblick verliert. Eine Koening der Feundschaft, des Patriotismus, der Naechstenliebe, der Provinzen und vieles mehr... Auf dem Umzug fuhren diese auf Waegen mit, die riesige Schaumstoffpuppen hintersich herzogen. So zum Beispiel den Inkakoenig Atahualpa...

Neben dem Umzug sind auch die Stierkaempfe ein wichtiger Bestandteil der „Fiestas de Quito“. Da ich noch nie einen Stierkampf live in einer Arena gesehen habe, habe ich mir das Ereigniss natuerlich nicht entgehen lassen und bin mit zwei Freunden zu einem Stierkampf gegangen:

Nachdem der Stier in die Arena gelassen wurde, wird er zunaechst einmal Muede gemacht. Dazu jagen ihn viele Helfer mit Hilfe von rosafarbenden Tuechern von einer Ecke in die andere, wobei sie sich immer rechtzeitig hinter Holzwaenden verstecken. Ist der Stier etwas ermuedet, ist der Weg frei fuer den eigentlichen Stierkaempfer, der unter jubelndem Beifall der Menge die Manege betritt. Entweder auf dem Pferd oder zu Fuss, versucht er nun zunaechst ein Loch in den Ruecken des Stieres zu stechen. Laeuft genug Blut, geht er dazu ueber bunte Stangen mit Widerhaken in die Wunde zu stecken. Die ganze Zeit arbeitet der Stierkaempfer nach wie vor mit einem roten Tuch. Nach einer Weile versetzt er dem Stier dann mit einer Lanze den letzten Stich in den Nacken, woraufhin dieser sich meist nicht mehr auf den Beinen halten kann und besiegt ist... Alles in allem ist der Stierkampf wirklich ein extrem brutaler Sport, bei dem der Stier zum Vergnuegen der Menge zunaechst gequaelt und dann getoetet wird. Sicherlich war dies mein erster und letzter Stierkampf!

Auch im Colegio Pedro Echeverria Teran, wo ich arbeite, wurde die Stadt Quito gefeiert. Anstatt des regulaeren Unterrichts, wurde dazu durch das Dorf marschiert. Dann ging die Wahl der Schoenheitskoenigin der Schule los, die immer aus der untersten Jahrgangsstufe kommt. Nachdem die Kandidatinnen einmal um den Platz geschritten und alle Informationen vorgelesen sind, entscheidet die Jury, wer das Soegio im naechsten Schuljahr repraesentieren darf... Weiterer Programmpunkt war denn die „Taufe“ der neueingeschulten Schueler. Zu diesem Zweck sind diese alle als Babies verkleidet in die Schule gekommen. Einige waren wirklich kreativ und hatten lustige Kostueme! J Natuerlich war es keine richtige Taufe, sondern eine lustige Messe, die vom Abschlussjahrgang vorbereitet wurde. Die Texte waren teils sehr lustig und die Schueler haben sich ueber alles moegliche lustig gemacht – auch ueber die Schulleiterin, die sich allerdings schon wieder in ihr Buero versogen hatte... Zum Ende der Messe, wurde dann jeder neue Schueler einzeln getauft. Die Taufe bestand darin einen Loeffel einer wirklich ekelhaften Fluessigkeit zu trinken und einen ekligen eingeweichten Bananenchip zu essen. Ich weiss, wie eklig das alles war, da auch ich neu in der Schule war und somit auch getauft wurde!!! Als Belohnung bekam jeder Neuling allerdings ein kleines Geschenk von seinem Paten, einem andern Schueler aus der Schule.

Ansonsten waren die „Fiestas de Quito“ natuerlich wie alle Feiern in Ecuador mit sehr viel Alkohol verbunden. Ein Sprichwort heisst hier sogar : „Eine Feier ohne Alkohol ist keine Feier!“ Und so haben natuerlich auch wir Freiwilligen uns ordentlich an der Party beteiligt...


Arbeit im Dezember

Im Dezember habe ich weiterhin im Colegio Pedro Echeverria Teran als Englischlehrer gearbeitet. Die Arbeit gefaellt mir dort allerdings immer weniger, da die meisten Schueler kaum Interesse haben die Sprache zu lernen. Und sie zu motivieren ist aufgrund der Klassengroesse nicht einfach.
Mit der neunten Klasse haben wir ein Projekt organisiert. Die Schueler sollten in Gruppen von acht Personen eine Geschichte auswaehlen und diese dann einueben und vorspielen. Natuerlich auf Englisch. Viele der Schueler waren kreativ und haben Kostueme gebastelt und ein Buehnenbild gebaut. Es hat Spass gemacht...

Ausserdem habe ich viel fuer die Stiftung FEVI gearbeitet, da die Koordinatorin der Austauschprogramme fuer einige internationale Konferenzen lange im Ausland war. Wichtige Dokumente mussten trotzdem erstellt oder nach Europa verschickt werden und so habe ich das erledigt.

Reisen in Ecuador III:

Auch im Dezember hatte ich wieder die Moeglichkeit, einige Reisen in die Umgebung zu unternehmen. So war ich in Mindo, Papallacta und erneut inSanto-Domingo-de-los-Colorades.

Mindo liegt etwa 70 km westlich von Quito und praktisch unter dem offenen Kratermaul des Vulkans Guagua Pichincha. Der Ort befindet sich auf ca. 1250m Hoehe in einem grossen subtropischen Talkessel. Wie viele Doerfer zwischen Sierra und Costa strahlt auch dieses eine gemischte, farbenfrohe Atmosphaere aus. Die Mindeños selbst behaupten aus beiden Regionen das jeweils Beste zu besitzen, die Waerme der Tropen und die Naehe zur Hauptstadt Quito im Hochland.
Nahe bei Mindo liegt ein Naturschutzgebiet, das weitestgehend aus Nebelwald aber auch aus teils aus Regenwald besteht. So haben wir eine Wanderung durch den Nebelwald gemacht, was sehr interessant war. Im Nebelwald gibt es viele Orchideen und rein theoretisch sollten dort auch viele Kolibirs zu beobachten sein. Leider hat es aber den ganzen Tag genieselt, sodass kein Kolibri sich hat blicken lassen. Um in das Naturschutzgebiet zu gelangen, muss man mit einer Art Gondel ein Tal ueberqueren. Aus der Gondel hat man einen super Ausblick, leider ist die Fahrt nur relativ kurz...
Bekannt ist Mindo aber auch fuer seine vielen Schmetterlingshaeuser, die ich allerdings aufgrund von Zeitmangel dieses Mal nicht besichtigen konnte.

Mitte Dezember bin ich mit meiner Gastfamilie nach Papallacta gefahren. Papallacta ist etwa 2 Stunden von Quito entfernt und liegt zwischen Oriente (Amazonasgebiet) und Sierra (Bergland). Es waere ein eigentlich relativ unattraktives Dorf im ziemlich kuehlen, sogenannten „Paramo“ (Andenhochland), wenn da nicht die heissen Quellen waeren. Bekannt ist der Ort naemlich weniger dafuer, dass er die wichtigste Trinkwasserversorgung der Hauptstadt darstellt, sondern vielmehr fuer die heissen´, schwefel- und alkalihaltigen Thermalquellen. Die Wasserbecken, in denen es sich sehr angenehm entspannen laesst, liegen auf 3400m Hoehe etwas ausserhalb des Ortes. So haben wir den ganzen Tag relaxt... Spaeter bin ich mit meinem Gastvater und Esteban noch ein wenig in der schoenen Landschaft gewandert, bevor wir abends wieder nach Lumbisi zurueckgekehrt sind. Natuerlich nicht ohne vorher, einige in der Gegend gezuechtete Forellen zu kaufen...

Die dritte Reise im Dezember fuehrte mich ein weiteres Mal nach Santo-Domingo-de-los Colorades, wo die Mutter meiner Gastmutter wohnt. Wir haben ihr ein schoenes Weihnachtsfest gewuenscht und sind am morgen des 24. Dezember wieder ziemlich muede zurueck nach Hause gefahren...

Fuer Neujahr bin ich dann schliesslich nach Kanada geflogen, wozu ihr aber hier einen gesonderten kurzen Post lesen koennt.


Weihnachten in Ecuador

Natuerlich darf in einem Bericht ueber den Monat Dezember das Weihnachtsfest nicht fehlen. Schon seit Ende November stand bei uns der Weihnachtsbaum, der allerdings aus plastik war und zunaechst nur sehr spaerlich beleuchtet war (spaeter haebn wir dann noch eine Lichterkette hinzugefuegt). Dafuer war unser Weihanchtsbaum ziemlich gross und hat es noetig gemacht, alle Moebel im Wohnzimmer umzustellen...
Plaetzchenbacken oder aehnliches ist hier in Ecuador ueberhaupt nicht bekannt. Zudem ist es ja relativ warm – nichts verglichen mit unserem Winter – und der Monat war relativ stressig, sodass bnei mir leider bis zuletzt kaum Wiehnachtsstimmung aufgekommen war.

Nachdem wir schon Mitte Dezember eine von FEVI organisierte Weihnachtsfeier im Kreis aller Freiwilligen hatten, wurde am letzten Schultag auch in der Schule eine kleine Feier organisiert. Als erstes war der „Paso del Niño“ an der Reihe. Das ist ein Umzug, der von den Figuren der Weihnachtsgeschichte angefuehrt wird. So ist die ganze Schule einmal bis zum Dorfplatz und wieder zurueckgezogen – die Schafe, die eigentlich mit sollten, haben dabei allerdings auf halbem Wege gestreikt!
Anschliessend gab es ein Weihnachtsprogramm. Mit der Klasse, in der die Lehrerin mit der ich zusammenarbeite Klassenlehrerin ist, haben wir das Lied „Rudolph the red-nosed reindeer“ auf Englisch eingeuebt. Ein Schueler war sogar als Rudolph verkleidet (siehe Foto) und auch einen Schlitten hatten wir gebastelt. Insgesamt, war die Auffuehrung, denke ich, ganz gelungen...

Neben weiteren Programmpunkten wie Taenze, Reden etc., wurde zuletzt das „alte Jahr verbrannt“. Dies ist ein Brauch, der anscheinend in Suedamerika relativ verbreitet ist. Man bastelt eine Puppe, die das Gesicht eines Politikers, Familenmitglieds oder einer anderen Person des alten Jahres haben kann, fuegt einen Zettel mit allem Negativem des letzten Jahres in die Fuellung ein und verbrennt die Puppe schliesslich am 31. Dezember eines Jahres. Ziel ist es natuerlich, das neue Jahr anzufangen, ohne von den negativen Geschehnissen des letzten Jahres beeinflusst zu sein. Im Colegio haben wir dies schon am letzten Schultag gemacht, da wir uns ja nicht mehr vor dem neuen Jahr gesehen haben...

Wie ich ja bereits im Reiseteil geschrieben habe, war ich mit meiner Gastfamilie bis Samstagmorgen verreist. Da wir in der Nacht zuvor kaum schlafen konnten, waren wir dementsprechend Heiligabend relativ muede. Zurueck aus Santo-Domingo hat meine Gastmutter als erstes den Truthahn in die Backroehre geschoben. Denn dieser braucht ja einige Stunden ehe er gut ist.
Dann bestand der Tag mehr oder weniger aus Ausruhen. Erst um 22 Uhr sind wir dann zur Messe gegangen. Diese war ziemlich langwierig. Anfangs wurden alle moeglichen Namen mit Weihnachtswuenschen vorgelesen. Dann hat die Predigt begonnen. Zuletzt hat der Pfarrer noch die Krippen mit Weihwasser bespritzt. Jede Familie hatte naemlich eine Krippe mit dem Jesuskind mitgebracht und vor dem Altar platziert.

Anschliessend ging es wieder zurueck nach Hause, wo wir zusammen mit der ganzen Familie im Wohnzimmer Truthahn mit Reis gegessen haben. Da es dann schon relativ spaet war, wurden nur noch schnell die Geschenke vergeben, wobei eigentlich hauptsaechlich meine Gasteltern den Kindern Geschenke gemacht haben. Meistens war es Kleidung aber auch ein fahrrad fuer meinen Gastbruder Esteban war darunter. Allerdings hatten sich meine Gastgeschwister schon vor der Messe schlafen gelegt, sodass sie Heiligabend gar nicht mit uns gefeiert haben und ihre Geschenke erst am naechsten Tag bekamen. Mir haben meine Gasteltern ein schoenes traditionelles ecuadorianisches Hemd gechenkt.

Insgesamt kam aber auch am Heiligabend keine wirkliche Weihnachtsstimmung auf. Wie bei allen Feiern sass man halt zusammen, hat gegessen und hat sich dann nach einer kurzen Unterhaltung wieder getrennt. Das einzige, das Weihanchten anders war, ist der Weihnachtsbaum. Ansonsten war es nicht Weihnachtlich dekoriert, es gab keine Plaetzchen und auch Weihnachtsleider wurden nciht im Kreise der Familie gesungen. Ecuadorianische Weihnachtsleider haben sowieso einen ganz eigenen Stil, an den man sich erst einmal gewoehnen muss.

Am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtsfeiertag, gab es dann eine weitere Messe. Da ich jedoch zu spaet angekommen bin, war die Kirche schon euberfuellt und ich musste die Messe vom Eingang aus hoehren. Im Anschluss an die Messe waren traditionelle Taenze der indigenen Bevoelkerung an der Reihe, was sehr interessant zu beobachten war. Die traditionell kostuemierten Taenzer sind beispielsweise im Kreis um einen Pfahl getanzt und hielten dabei bunte Baender, die sie durch die Bewegung in einem Karomuster verpflochten haben...

Nachdem ein weiterer „Paso del Niño“ durchs Dorf gezogen war, gingen die Weihnachtsfestlichekiten dann auch schon zu Ende.

Von Weihnachten hier war ich also – wie fast alle anderen Freiwilligen auch – etwas enttaeuscht. In Deutschland oder Kanada geht es da doch etwas festlicher zu und die Atmosphaere ist weihnachtlicher...


Das war es dann estmal fuer den Dritten Bericht aus Ecuador. Hier sind noch eingie Bilder:




Ich wuensche euch eine schoene Woche und sende euch viele Gruesse.

Euer Johannes